Das zweite Pseudonomen, das wir kennenlernen, ist das の. In gewisser Hinsicht haben wir dieses Wort bereits im vergangenen Semester in einem anderen Zusammenhang kennengelernt (vergleiche 1. Semester Lektion 8). Wie dort schon erwähnt, kann das の als Ersatz für ein bereits erwähntes Nomen stehen. (N: 私のです。 Das ist meins. (z.B. die Tasche) Adj: 一番大きいのを買いました。 Ich habe das Größte gekauft. (z.B. Stück Fleisch)
Darüber hinaus wird dieses Pseudonomen (durchaus vergleichbar mit dem こと) dazu verwendet, das vorangehende verbale Attribut zu nominalisieren. Neben der "alten" Funktion, ein bereits im Kontext eingeführtes, uns bekanntes Bezugswort zu allen Attributen zu ersetzen, kann also das の, wie die folgenden Beispielsätze verdeutlichen, auch die Funktion eines Nominalisators übernehmen. Wie im Deutschen kann die Nominalisation in bestimmten Fällen eine starke Hervorhebung bedeuten. Die letzten drei Beispielsätze deuten auf diesen Umstand hin.
Bei verbalen Attributen lässt sich im Übrigen das の in der Übersetzung nicht mehr wie beim Pseudonomen こと mit "Ding", "Sache", "Angelegenheit" oder mit der Formulierung "die Tatsache, dass …" zum Ausdruck bringen. Selbst die Nominalisation ruft bei der Übersetzung eigentümliche, der sogenannten Beamtensprache verwandte Formulierungen hervor (vgl. Satzbeispiel "Wie kommt es, dass man zu Ostern Eier sucht?" in der wörtlichen "Beamtenversion": "Weshalb erfolgt zu Ostern die Suche nach Eiern?"), so dass sie sehr wohl als grammatikalische Information wahrgenommen, aber im normalen Sprachgebrauch lieber nicht mit übersetzt werden sollte. Allerdings dürfen Sie bei der Übersetzung in die umgekehrte Richtung, also von der Muttersprache ins Japanische, das Pseudonomen auf keinen Fall weglassen, da ein Verb nicht ohne "Überbrückung" mit Partikeln markiert werden kann.
Beispiele:
イースターにたまごを
Wie kommt es, dass man zu Ostern Eier sucht? (die Suche)
Es ist am praktischsten, vor dem Bahnhof in die Straßenbahn umzusteigen. (der Umstieg)
日本人が
Ich war sehr erstaunt, als ich sah, wie Japaner gerade rohen Fisch aßen. (die Verspeisung)
Ich habe gehört, wie meine Eltern im Nachbarzimmer über mich sprechen. (das Gespräch)
Ich habe gestern in der Disco gesehen, wie Frau Mori gekonnt tanzte. (den guten Tanz)
私が
Konzentriert lernen tue ich nur in der Nacht. (das Lernen)
森さんから
Was ich von Frau Mori zum Geburtstag bekommen habe, ist ein japanischer Kalender. (das Bekommene)
昨日
Das was ich gestern mit meinem Freund gesehen habe, ist Madonnas "Evita". (der Spielfilm)
Unterschied zwischen の und こと
Der wesentliche Unterschied zwischen こと und の liegt darin, das こと für abstrakte Vorgänge und Sachverhalte benutzt wird, während の bei konkreten (erlebten) Vorgängen und Sachverhalten auftritt. Daher beinhalten Verbalätze mit の in aller Regel tatsächlich geschehene bzw. geschehende, sehr oft mit den fünf Sinnen erfassbare, Aktionen. Grammatikalisch ausgedrückt hängt der Gebrauch von の (bzw. こと) vom Wesen des Verbs ab.
Allerdings kann das の leider auch bei Aussagen theoretischer Art, die eigentlich zusammen mit こと auftreten müssten, benutzt werden, so dass die genannte Faustregel nur noch mit Einschränkung gilt. Diese Austauschbarkeit herrscht vor allem bei Sätzen, die eine allgemein anerkannte Tatsache, also eine Generalisierung beinhalten:
日本語を話すの oder ことは難しいです。 | Japanisch zu sprechen ist schwierig | |
漢字を習うの oder ことは大切です。 | Kanji zu lernen ist wichtig. | |
たばこをすうの oder ことは体によくありません。 | Das Rauchen von Zigaretten ist nicht gut für den Körper. |
In solchen Fällen reduziert sich der Unterschied zwischen den beiden Pseudonomen nur noch auf das Merkmal こと = eher formell / schriftsprachlich und の = eher umgangssprachlich.
Darüber hinaus gibt es in der sprachlichen Realität auch Zweifelsfälle wie z.B. im folgenden Satz:
この部屋でたばこをすうの oder ことをやめます。 | Ich werde aufhören, in diesem Zimmer zu rauchen. |
Hier hängt es mehr oder weniger von der Ansicht des Sprechers ab, ob er den Vorgang des Rauchens als "erfassbar und erlebt" betrachtet und somit mit einem の kennzeichnet, oder ob er den Satz als theoretische Aussage verstanden haben will und ihn mit einem こと umschreibt.
Zu guter Letzt dürfen wir die Tatsache nicht unterschlagen, dass das Pseudonomen ein unzureichend erforschtes Gebiet ist und in manchen Fällen der Gebrauch von の und / oder こと schlichtweg unerklärbar bleibt.
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