Kategorisierung des Kanji

Ursprünglich ist das Kanji aus der Wiedergabe realer Gegenstände entstanden, wurde aber im Laufe der Jahrhunderte weitestgehend abstrahiert, da sonst nicht die komplexe Sprache hätte verschriftlicht werden können. Aufgrund dieser Weiterentwicklung existieren verschiedene Typen von Kanji, die sich u.a. in vier verschiedene historische Kategorien klassifizieren lassen. Auch wenn diese Kategorisierung, die von einer aus dem ersten vor christlichen (sic. ! ) Jahrhundert stammende ursprüngliche 6-er Teilung basiert, für das praktische Erlernen des heutigen Kanji keine besonders große Hilfe darstellt, kann sie einen kleinen Einblick in die bedingte Systematik dieser Schrift geben. Hier die vereinfachte Version in 4 Kategorien:

1. Piktogramme 象形 (shōkei) "Bilderschrift"
Diese Kanji entsprechen praktisch der Ursprungsform, d.h. sie entwickelten sich aus Abbildungen von Gegenständen
bzw. Erscheinungen des Alltags. Die bildlichen Vorlagen dürften heute noch zu erkennen sein.
Einige Beispiele:

Mund     kuchi (stilisierter Mund)
Baum     ki (aus Stamm und Wurzeln)
Auge     me (um 90° verdrehtest stilisiertes Auge)
Berg     yama (aus 3 stilisierten Bergspitzen)
Fluss     kawa (stilisierte Strömung)
Reisfeld     ta (Vogelperspektive von vier Parzellen)
Feuer     hi (Holzscheit mit aufsteigendem Rauch bzw. Flamme)

2. Indikatoren 師事 (shiji) "Symbolzeichen"
Die Gruppe dieser Kanji gibt abstrakte Begriffe wie bei unserem Verkehrszeichen mittels Zeichensymbole wieder.
Einige Beispiele:

eins     ichi
zwei     ni
drei     san
oben     ue
unten     shita
mitte     naka
hälfte     han

3. Ideogramme 会意 (kaii) "Zusammensetzung von Zeichen"
Diese Kanji sind dadurch gekennzeichnet, dass durch Kombination von zwei Zeichen neue Bedeutungen gebildet
werden.
Einige Beispiele:

Sonne + Mond = hell, Helligkeit   日+月   =明 aka(rui)
Baum + Baum = Wäldchen   木+木   =林 hayashi
Baum + Baum + Baum = Wald   木+木+木   =森 mori
Feuer + Feuer = Flamme   火+火   =炎 honō
Mensch + sagen = glauben   人+言   =信 shin(jiru)

4. Phonogramme 形声 (keisei) "Modulsystem"
Zu dieser Kategorie gehören die meisten (ca. 80%!) der existierenden Kanji. Ihr Charakteristikum ist, dass sie sich aus einem Bedeutungsteil (Sachgruppen-Info) und einem Ausspracheteil (Laut-Info) zusammensetzen. Während ein Ideogramm (vgl. Nr. 3) eine Kombination aus zwei gleichwertigen Zeichen seine Bedeutung ableitete, wird beim Phonogramm eine Art strikte Arbeitsteilung unternommen.